Praktische Tipps zum nachhaltigen Reisen

Tourismus hat auch negative Seiten, er beutet Kinder, indigene Völker, Tiere und natürliche Ressourcen aus, beschleunigt den Klimawandel und auch das durch ihn eingenommene Geld landet oft bei den Falschen. Dennoch sind Nachhaltigkeit und Reisen keine Gegensätze. Sie lassen sich sogar super miteinander kombinieren. Sanfter Tourismus nennt er sich, der neue Reiseboom. Er hat Unmengen an nachhaltigen Reiseangeboten und -tipps hervorgebracht. Doch welche Tourismussiegel sind seriös und welche Ratschläge zahlen sich wirklich aus?

Der Sanfte Tourismus wird besonders von drei Eigenschaften geprägt: Tourist*innen versuchen, so wenig wie möglich auf die Natur einzuwirken. Sie versuchen die Natur dennoch möglichst nahe, ungefiltert und intensiv zu erleben und sich der gegebenen Kultur im Reiseland so gut wie möglich anzupassen.

Auto oder Flugzeug

Auto oder Flugzeug?

1. Die Anreise: Flugzeug, Schiff, Auto oder Nachtzug?

Nach diesen Richtlinien versuchen inzwischen viele Tourist*innen ihre Reisen zu gestalten. Allen voran an steht die Entscheidung nach dem passenden Fortbewegungsmittel, um in den Urlaub zu gelangen. Fakt ist: Wer fliegt, schädigt die Umwelt am meisten mit klimaschädlichen CO2-Emmissionen. Und zwar deutlich mehr als mit jedem anderen Transportmittel, so das Umweltbundesamt. In dem jährlich veröffentlichten Airline-Index von Atmosfair hat es 2018 keine der weltweit großen Airlines geschafft, die höchste Effizienzklasse zu erreichen. Am besten haben 2018 noch LATAM Brasil, TUI Airlines und Thomas Cook (nun insolvent) abgeschnitten. Lufthansa befindet sich beispielsweise auf Platz 30 und Emirates auf Platz 92.

Das Flugzeug schneidet im Personenbeförderungs-Vergleich also am schlechtesten ab (besonders Inlandsflüge), gefolgt von Kreuzfahrtschiffen – die nach EU-Angaben für drei Prozent der weltweiten CO2-Emmissionen verantwortlich sind –, Pkw und Zügen. Was sagt uns das? Fliegt nur, wenn nötig und versucht möglichst viel mit öffentlichen Verkehrsmitteln herumzukommen. So erlebt man auch viel mehr. Europa hat ein gut ausgebautes Zugnetz. Schon einmal mit dem Nachtzug durch Europa gefahren?

Musst du doch fliegen, kompensiere wenigstens deinen CO2-Außstoß. Dieser Kompensationszuschlag (das Geld wird meist in andere grüne Projekte investiert) ist nicht verpflichtend und wird nur von wenigen Reiseanbieter*innen in den Preis miteingerechnet.  CO2-Offsetting kauft niemand von den Klimasünden frei, doch es ist besser als nichts.

Reiseplanung

2. Entdecke nahe Reiseziele

Je lokaler und kürzer der Reiseweg, desto geringer ist natürlich die Umweltbelastung. Schau bei der nächsten Urlaubsplanung doch auch einmal was Deutschland oder Europa zu bieten haben! 47 Länder, das ist eine Menge.  Viele Naturschönheiten findet man auch direkt vor der eigenen Haustür. Die Initiative Fahrtziele Natur listet beispielsweise 23 Natur- und Urlaubsregionen in Deutschland auf, die man problemlos mit Bus und Bahn erreichen kann. Dahinter stecken die Umweltverbände Bund, Vcd und Nabu in Kooperation mit der Deutschen Bahn.

Als Faustregel gilt: Je länger die Reisedistanz, desto länger sollte auch die gesamte Reisedauer sein. Das ist selbsterklärend. Für ein Wochenende nach Paris zu fliegen ist aus umwelttechnischer als auch aus erholender Sicht genauso unsinnig, wie für eine Woche in die Karibik zu jetten.

Umweltverschmutzung

3. Voluntourism und Tierquälerei: Beach Clean-up in Thailand?

Ein weiterer Urlaubstrend, der sich in den letzten Jahren viel Beliebtheit erfreut, ist Voluntourismus. Weil hierbei hauptsächlich junge Menschen für ein soziales Projekt oder um die Umwelt zu retten einmal um die halbe Welt reisen (bitte erkennt die Ironie solcher Angebote). Dieser Trend hat jedoch dunkle Schattenseiten. Menschen werden ausgebeutet, Tiere gequält und Familien entrissen, nur damit Individualreisende süße Koalas und Pandas retten oder sich um Waisenkinder kümmern können.

Gerade in asiatischen Ländern werden Wildtiere oft als Touristenattraktionen verwendet, da es dort oft keine strengen Gesetze für die Tierhaltung gibt. Elefanten-Camps, Zirkusse, Tiershows, Zoos und Fotomöglichkeiten mit Tieren sind niemals nachhaltig. Auch ein Wal-Steak oder eine Delfinflosse sind keine lokalen Spezialitäten, sondern stammen von illegal gefangenen und getöteten Tieren, die für schnelles Geld sorgen sollen. Für lokale Spezialitäten musst du auch in ein lokales Restaurant gehen. Verzichte zudem auf Souvenirs mit tierischen Bestandteilen, seien es Haifischzähne, Schlangenleder oder eine Kaninchenpfote.

Du möchtest dennoch Voluntourismus ausprobieren? Dann schaue dich nach seriösen Anbietern um. Diese erkennst du an ihrer Transparenz und Vernetztheit. Denn es ist meist kompliziert, sich als gemeinnütziger Verein oder als Umweltinitiative über Wasser zu halten und allen Anforderungen gerecht zu werden. Es gibt oft auch Möglichkeiten, mit sozialen Vereinen direkt auf verantwortungsvolle Reise zu gehen. WWF sucht regelmäßig nach Nachwuchsforschern oder Wwoof bietet saisonal nachhaltige Bauernhoferlebnisse an.

Wahl der Verkehrsmittel

3. Meide All-inclusive und unterstütze Lokales

All-Inclusive Reisen sind nach wie vor sehr beliebt. Sie geben den Kund*innen und Reiseanbieter*innen eine klare Planungs- und Budgetierungssicherheit. Einheimische Reiseführer*innen, Gepäckträger*innen, die Beschäftigten auf den Kreuzfahrtschiffen und alle anderen an der Reise Beteiligten oder in der Tourismus-Wertschöpfungskette inkludierten Personen sind jedoch stark benachteiligt. Bei ihnen kommt kaum etwas von deinem Geld an. Das landet nur bei den großen Tourismuskonzernen. Nachhaltiger Tourismus verzichtet auf All-Inclusive.

Unterstütze stattdessen lieber die kleinen Restaurants und Unternehmen und bezahle den angemessenen Preis. Schnäppchen und Discount-Urlaube gehen immer zum Nachteil der Menschen und der Ökologie.

Apfel Welt

4. Checke die Umweltsiegel

Doch wie erkennst du nachhaltige Unternehmen? Woher weißt du, wen dein Geld wirklich erreicht? Im Supermarkt achtet jede*r auf Gütesiegel, beim Reisen jedoch kaum jemand. Dabei gibt es einige Gütesiegel, die in Deutschland gelten. Sie können als Anhaltspunkt bei der Suche nach einer nachhaltigen Reise dienen. Bekannte Gütesiegel sind EarthCheck, Europarc (Europäische Charta für nachhaltigen Tourismus in Schutzgebieten), Fair Trade Tourism, Travelife oder Viabono, um nur ein paar zu nennen.

Eine umfangreiche Liste von internationalen Tourismussiegeln enthält das Buch FAIRreisen von Frank Herrmann, aus dem auch viele der bereits genannten nachhaltigen Reisetipps stammen. Wenn du also deinen nächsten Urlaub planst, schaue dich nach nachhaltigen Reiseanbieter*innen um.

Wasserknappheit

5. Respektiere Einheimische und die Umwelt

Natürliche Ressourcen sind knapp, vor allem in Entwicklungsländern und hiervon besonders Wasser. Tourist*innen werden dabei oft bevorzugt behandelt. Darum ist ein maßvoller Umgang mit Ressourcen notwendig. Duscht kurz, meidet große Hotelanlagen mit Swimming-Pools oder einer Golfanlage in der Wüste sowie die verpackten Shampoos und andere Kosmetika und bringt eure eigene auffüllbare Wasserflasche mit. Ansonsten: vermeidet es, Müll zu produzieren und recycelt richtig – nicht anders als zu Hause auch.

Den Einheimischen solltet ihr ebenfalls den nötigen Respekt entgegenbringen, das steht außer Frage. Dazu gehört es, sich lokalen Regelungen, Kleiderordnungen und Traditionen anzupassen, niemanden ungefragt zu fotografieren und bewusst mit der Umwelt umzugehen.

Mehr Tipps zum nachhaltigen Reisen findet ihr in der Infobroschüre für faires, umweltverträgliches und soziales Reisen der Entwicklungsorganisation Brot für die Welt (als PFD zum Herunterladen oder kostenfreiem Bestellen) und auf reisekompass-online.de.

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