Backpacking in der Ukraine
Es gibt Länder, die den meisten von uns wohl nicht direkt als Reise- oder Backpackingziel in den Sinn kommen. So ein Land ist auch die facettenreiche Ukraine im Osten Europas. Sie grenzt an Polen, Weißrussland, Russland, Moldawien, Rumänien, Ungarn und die Slowakei. Im Süden liegen das Asowsche Meer und das Schwarze Meer. Die Ukraine ist uns in den letzten Jahren vor allen Dingen durch den Konflikt im Osten des Landes und die sogenannte Krimkrise in Erinnerung geblieben. Doch dieses Land nur auf den Konflikt zu beschränken, würde der Ukraine in keinem Fall gerecht werden. Backpacking in der Ukraine ist atemberaubend: Unberührte Natur, die von reißenden Flüssen durchzogen wird, historische Städte inmitten prachtvoller Weinbaugebiete, die eindrucksvollen Karpaten, subtropische Gebiete und sogar eine Wüste – das ist die wahre Ukraine!
Die Ukraine ist fast doppelt so groß wie Deutschland, auch wenn dort nur halb so viele Menschen leben. Dementsprechend dünn besiedelt ist das Land. Das Leben spielt sich vorwiegend in den pulsierenden Großstädten wie der Hauptstadt Kiew ab. Dort leben über 2,9 Millionen Menschen. Die Ukraine ist auch der größte Staat, dessen Grenzen vollständig in Europa liegen.
Die Ukraine ist zugleich flach und hügelig. Im Westen wird sie von den Karpaten, einem Hochgebirge, durchzogen. In den wunderschönen Karpaten findet ihr eine Besonderheit – die letzten echten Urwälder Europas, ein Weltnaturerbe der UNESCO! Übrigens könnt ihr ganz viel Wildnis, unberührte Naturschönheiten und wilde Tiere bei eurem Backpacking in der Ukraine erwarten. In den sage und schreibe 18 Nationalparks des Landes leben Affen, Wölfe und Bären. In der ukrainischen Steppe findet man Perlziesel, Steppeniltis und Przewalski-Pferde. Im Südwesten grenzt das Land an das Schwarze Meer. Hier erwarten euch teilweise subtropische Begebenheiten und an der Küste könnt ihr sogar auf Delfine und Wale treffen.
Seit 1991 ist die Ukraine unabhängig, vorher war sie ein Teil der Sowjetunion. 2013, ein Jahr nach der EM in der Ukraine, begannen heftige Bürgerproteste, die das Land destabilisierten und schließlich in der Annexion der Krim durch Russland gipfelten. Die Halbinsel Krim liegt im Schwarzen Meer. Die Ukraine betrachtet jedoch die Krim weiter als Bestandteil ihres Staatsgebietes.
Auch im Osten der Ukraine (Verwaltungsbezirke Donezk und Luhansk) finden seit dem Frühjahr 2014 bewaffnete Auseinandersetzungen statt. Teile dieser Verwaltungsbezirke werden derzeit nicht von der ukrainischen Regierung, sondern von separatistischen Kräften kontrolliert. Die ukrainischen Streitkräfte und die bewaffneten Kräfte der Aufständischen stehen sich an der sogenannten „Kontaktlinie“ gegenüber, an der es täglich zu Kampfhandlungen kommt.
Außerdem besteht dort die Gefahr von Minen und nicht explodierter Munition. Deshalb sind die Krim und die Ostukraine für Tourist*innen nicht zugänglich, das Konsulat kann deutschen Staatsangehörigen dort keinen Schutz gewähren. Euer Backpacking Trip muss sich also auf die West-Ukraine beschränken. Diese hat jedoch sehr viel zu bieten.
Die Westukraine ist ein lohnendes Ziel für alle, die sich gerne historische Städte anschauen. Als erstes und wichtigstes Reiseziel ist Lwiw zu nennen. Das frühere Lemberg verfügt über eine wunderschöne Altstadt und hat einen entspannten Groove. Ihr könnt in den Karpaten wandern, euch unzählige Märchenschlösser wie das Schloss von Kamjanez-Podilskyj oder die drei Herrschaftshäuser rund um Lwiw anschauen.
Ebenso könnt ihr auch den kalten Krieg noch einmal aus einer neuen Perspektive aufarbeiten. Dazu gibt es viele interessante Museen wie das umgewandelte Atom-Raketen-Silo in der Nähe von Uman. Am Ende der Tour darfst du auf den Knopf drücken, der zwei Jahrzehnte zuvor den Dritten Weltkrieg ausgelöst hätte.
Kultur in der Ukraine
Die meisten Einwohner der Ukraine sind mit 78 Prozent gebürtige Ukrainer*innen und ungefähr 17 Prozent der Bevölkerung sind russischer Herkunft. Kleine Teile der Bevölkerung stammen aus Moldawien, Weißrussland, Bulgarien, Polen und Armenien. Die Amtssprache ist Ukrainisch. Doch umgangssprachlich sprechen die meisten Russisch, insbesondere in Kiew, der Ostukraine, und auf der Krim. Regional werden auch Gagausisch (eine Turksprache), Slowakisch, Rumänisch, Polnisch und Ungarisch gesprochen. Mit Englisch kommt ihr durch, doch wenn ihr einer dieser Sprachen beherrscht, seid ihr klar im Vorteil.
Einige Ukraine*innen sind streng gläubig – auch der Aberglaube ist weit verbreitet. So begrüßt und verabschiedet man sich beispielsweise niemals über der Türschwelle, stellt keine leeren Flaschen auf den Tisch oder pfeift in geschlossenen Räumen. Die Menschen in der Ukraine sind für ihre Hilfsbereitschaft und Gastfreundschaftlichkeit bekannt. Oft wird man schon nach kurzer Bekanntschaft nach Hause eingeladen. Beim Betreten eines Hauses zieht man die Schuhe aus und als Gastgeschenk bieten sich eine Flasche Wein oder ein Mitbringsel aus dem Heimatland an.
Die ukrainische Kultur wird aus deutscher Sicht leider oft mit der russischen gleichgesetzt. Das liegt daran, dass mit der Gründung der Sowjetunion 1922 auch die ukrainischen Sitten, Gebräuche und Volkkünste unterdrückt wurden. Gewünscht war eine einheitliche, vom sozialistischen Gedankengut geprägte Kunst und Kultur. Wer sich dagegen wehrte und sich weiterhin für die nationale Volkskunst einsetzte, musste mit Repressalien rechnen. Kunstliebhaber*innen und Sammler*innen wurden überwacht. So wollten es die neuen Machthaber.
Erst seit der Unabhängigkeit 1991 gibt es in der Ukraine wieder Kunstschulen, die die traditionellen Fertigkeiten vermitteln. Ausstellungen und Sammlungen findet man in den Museen von Kiew und Lviv. Auch die christlich-orthodoxen Feste mit ihren Bräuchen sind wieder in das Alltagsleben der Menschen zurückgekehrt.
Zu den alten Volkkünsten gehören die traditionell bemalten Ostereier. Jede Region hat ihre eigenen Muster und Farben. Ebenso typisch sind Holzschnitzereien, Freilichtmuseen und Rusnykys – bestickte Tücher, die Fenster, Altäre und Bilderrahmen schmücken.
Backpacker Budget in der Ukraine
Die Ukraine ist ein sehr günstiges Backpacker Land. In den meisten Statistiken zu den Lebenshaltungskosten ist die Ukraine das günstigste Land Europas. International rankt es meist irgendwo bei Indien oder den klassischen Backpacker-Destinationen in Südostasien. Berücksichtigst du noch die preiswerte Anreise, lässt sich mit Sicherheit sagen: Es gibt kein preiswerteres Reiseziel in Europa. Mit einem Tagesbudget von 20-25 Euro solltet ihr beim Backpacking in der Ukraine gut durchkommen. Wer sich etwas mehr gönnen mag, sollte noch einmal 5 Euro drauflegen.
Je nach eurem persönlichen Bedürfnis nach Luxus, werdet ihr vermutlich am meisten für die Unterkunft ausgeben. In ländlichen Regionen findet ihr Doppelzimmer in einfachen Absteigen schon ab etwa 10 Euro. Rechnet aber im Schnitt lieber mit etwa dem Doppelten. Positiv für Alleinreisende mit kleinem Budget: In den meisten Städten gibt es Hostels mit Mehrbettenzimmer ab etwa 5 Euro.
Eine einfache Mahlzeit bekommst du bereits ab etwa 3 bis 5 Euro. Die setzt sich oft aus einer Borschtsch-Suppe und einem Hauptgang zusammen. Auch der innerstädtische Verkehr ist unglaublich günstig: Rechnet für eine Fahrt im Bus oder in der Straßenbahn etwa 10 Cent. Solange ihr euch mit den Abteilen der dritten Klasse begnügt, sind Zugfahren ebenfalls sehr preiswert: Die rund 500 Kilometer von Kiew nach Lwiw schlagen beispielsweise mit etwa 5 Euro zu Buche. Fernbusse liegen in einem ähnlichen Preisbereich.
Überraschend preiswert sind auch die Eintrittspreise für Sehenswürdigkeiten. Du musst fast nirgends mehr als einen Euro bezahlen. Lediglich eine Privatführung kann dann auch mal 20 bis 30 Euro kosten. Aufpassen solltet ihr jedoch hingegen etwas bei geführten Touren. Die mögen zwar das Reisen sehr viel bequemer machen, haben aber oft ziemlich heftige Preise.
Backpacker Routen in der Ukraine
Bei einer längeren Reise kommt keine Langeweile auf, denn die Ukraine verbirgt auch einige dunkle Geheimnisse, wie zum Beispiel die Geisterstadt Pripyat, die bei der Chernobyl-Katastrophe zerstört wurde.
In der Ukraine herumzureisen ist einfach und preiswert. Das öffentliche Verkehrsnetz ist gut ausgebaut und verlässlich, außerdem gibt es ja noch den super modernen Highspeed-Zug zwischen Kiew und Lwiw. Doch aufgepasst: Wegen der extremen Hitze im Sommer und des sehr kalten Winters wird der Asphalt in jedem Jahr beschädigt. Man muss deshalb mit großen Schlaglöchern rechnen.
Diese Reise kann man mit einem durchschnittlichen Wohnmobil durchführen. Es ist nicht unbedingt notwendig, ein Allrad Fahrzeug zu benutzen, obwohl das natürlich vorteilhafter sein könnte. Allerdings muss man sich bewusst sein, dass eine Reise wie diese mit einem. Wohnmobil mit sehr wenig Bodenfreiheit oder mit einem sehr langen Überhang hinter der Hinterachse nicht möglich sein könnte. Starke Federung und sehr gute Stoßdämpfer sind ein Muss! Es ist zwingend notwendig, dass man mit seinem Reisemobil mehrere Tage unabhängig sein muss sich selber mit Wasser, Strom, Essen und Trinken versorgen kann.
Route 1: Backacker Kurztrip (bis 14 Tage)
- 3 Tage Lviv
- 1 Tag Chernivtsi
- 1 Tag Kamianets’-Podil’s’kyi, schaut euch die wunderschöne Festung „Khotun Castle“ an
- 4 Tage Odessa
- 4 Tage Kiew, erkundet die Stadt und besichtigt die ehemalige Raketenbasis
Route 2: Backacker Intensivtrip (25-30 Tage)
- 1 Tag Tschop
- 1 Tag Horotbagay
- 1 Tag Volovez
- 3 Tage Lviv
- 3 Tage Bukolev
- 2 Tage Chernivtsi
- 1 Tag Kamianets’-Podil’s’kyi, schaut euch die wunderschöne Festung „Khotun Castle“ an
- 1 Tag Vynnistia, Tschaikowsky- und Wehrwolf Museum
- 1 Tag Uman, besichtigt den Sofijivsky Park
- 1 Tag Holovanivsk
- 4 Tage Odessa
- 1 Tag Kherson, flaniert am Hafen entlang oder badet im Meer
- 2 Tage Zaporizhzhia, erwandert das Khortitsa National Nature Reserve
- 2 Tage Cherkassay, macht einen Bootsausflug über den Dnjepr
- 4 Tage Kiew, erkundet die Stadt und besichtigt die ehemalige Raketenbasis
- 2 Tage Luts‘k
Reisezeiten in der Ukraine
Backpacking in der Ukraine könnt ihr theoretisch das ganze Jahr über machen. Es ist jedoch empfehlenswert, einen Bogen, um die heißesten Tage im Sommer zu machen. Das Problem: Nur die wenigsten Busse und Züge haben Klimaanlagen – und da sich die Fenster oft nicht öffnen lassen, wird das Reisen im Hochsommer schnell zu einer stickigen Angelegenheit.
Die besten Reisemonate sind Mai bis August, dann herrschen im Flachland Temperaturen zwischen 23 und 27 Grad Celsius. Insgesamt ist das Klima in der Ukraine gemäßigt kontinental. Große Temperaturunterschiede zwischen Sommer und Winter sind dafür charakteristisch. Das bedeutet aber gleichzeitig auch im Winter in den Karpaten mögliche Tiefsttemperaturen von unter minus zehn bis minus fünfzehn Grad und mögliche Höchsttemperaturen von beinahe dreißig Grad im Sommer. In den Karpaten ist die kalte Jahreszeit wegen den Wintersportmöglichkeiten trotzdem eine beliebte Reisezeit.
Backpacker Unterkünfte in der Ukraine
Das Backpacking in der Ukraine ist preiswert. Das gesamte Preisniveau ist unter dem westlichen Durchschnitt, weshalb auch die Übernachtungspreise ein Schnäppchen für uns sind. Eine Nacht in einem AirBnB oder Hotel Apartment in zentraler Lage oder nahe einer Sehenswürdigkeit kostet zwischen 25-35 Euro pro Person. Da ist dann sogar schon ein Parkplatz mit dabei. Bei Luxushotels ist der Preis nach oben natürlich offen. Es gibt auch wenige Motels, die sich an den ukrainischen Stadträndern befinden. Sie kosten circa 15-25 Euro pro Nacht und haben moderate Standards.
Ein Bett in einem Hostelschlafsaal bekommt ihr schon ab 3,75 Euro pro Nacht. Klingt verlockend? Naja, vielleicht wollt ihr doch lieber ein oder zwei Euro drauflegen, denn dafür kannst du auch nicht viel Hygiene oder Ruhe erwarten. Du bekommst für den Preis ein Bett, ein Bad und Wlan. Eigentlich ja alles, was das Preisleitungsverhältnis hergibt. Aber von ausruhen kann man da nicht wirklich sprechen.
Kleiner Rat: Haltet euch an die Hostels nahe den Sehenswürdigkeiten. Sie haben zumeist die besseren Standards – wenn auch alles wirkt, als komme es aus einer anderen Zeit. Sogar in Tschernobyl ist 2017 ein Hostel eröffnet worden.
Die Hostels in Kiew oder an der Küste des Schwarzen Meeres sind dabei natürlich minimal teurer als die Übernachtungsmöglichkeiten im Hinterland und an weniger touristischen Orten. Dafür ist die Auswahl an Übernachtungsmöglichkeiten aber auch größer.
Hier die durchschnittlichen Übernachtungspreise in verschiedenen ukrainischen Städten für ein Bett in einem Hostel. Die einzelnen Preise pro Stadt und Region könnt ihr am besten auf Hostelworld in Erfahrung bringen.
- Kiew: 8-10 Euro
- Lviv: 5-12 Euro
- Odessa: 4,50-8 Euro
- Kharkiv: 5-6 Euro
- Charkiw: 4 Euro
Camping in der Ukraine
Camping in der Ukraine ist erlebnisreich und empfehlenswert wegen der unberührten und wilden Natur. Ebenso empfehlenswert ist jedoch auch die möglichst komplette und vorausschauende Mitnahme aller für den gelungenen Campingurlaub notwendigen Utensilien, da Camping in dem Land mit Ausnahme der Schwarzmeerküste (noch nicht) überall allzu verbreitet und populär ist. Hier findest du eine Übersicht an Campingplätzen in der Ukraine.
Campingplätze kosten zwischen 3 bis 20 Euro pro Nacht. Ihr findet vieles – von einer Hauswand mit Steckdose bis hin zu ein paar luxuriöseren Varianten. Letzteres gibt es jedoch nur vereinzelt. Denn ein Campingaufenthalt in dem mehr als 600 000 km² großen osteuropäischen Land hat auch immer verschiedene Komfortzonen.
Es gibt viele Campingplätze mit keinem oder lediglich kaltem Wasser, Plumsklos in Bretterbuden und meist nur sehr spartanischen gastronomischen Einrichtungen Dem entgegen steht jedoch die ausgesprochen ausgeprägte ukrainische Gastfreundlichkeit. Wer jedoch angesichts der vorherrschenden Einfachheit der ukrainischen Campingplätze lieber gleich wildcampen und mit seinem Schlafsack in seinem Wurfzelt, unter der Strandmuschel oder mit den Liegen im Pavillon in freier Natur übernachten möchte, kann auch dies fast überall tun. Durchaus empfehlenswert ist es allerdings, bei den Grundstücksbesitzern vorher, um Erlaubnis zu fragen.
Backpacker Trips, Tipps & Highlights in der Ukraine
Beim Backpacking in der Ukraine gibt es ein paar Dinge, die ihr beachten solltet. Zuerst genannt, sei die Sprache. Tatsächlich sprechen in der Ukraine nur wenige Leute fließend Englisch. Und wenn, dann sind es meistens die jüngeren. Selbst in Touristenzentren wie Lwiw ist die Kommunikation teilweise eine ziemliche Herausforderung. Nehmt euch also gut und gern einen Reiseführer mit den wichtigsten Übersetzungen oder ein Wörterbuch mit. Ein paar Brocken Russisch oder Polnisch sind also schon sehr hilfreich. Zur Not kann man sich auch mit Hand und Fuß verständigen.
Mal so eben schnell die passenden Übersetzungen zu googlen, klappt nicht immer. Vergesst nicht, dass die Ukraine nicht Teil der EU ist und deswegen (teilweise hohe) Roaming-Gebühren anfallen. Wenn ihr vorhabt länger als zwei Wochen in der Ukraine unterwegs zu sein, kauft ihr euch entweder vor Ort eine lokale SIM-Karte oder verwendet spezielle Roaming-Karten, die du schon im Vorfeld kaufen kannst.
Ein Tipp: Ukrainisch wird mit der kyrillischen Schrift geschrieben. Auch wenn Straßennamen und Wegweiser oft auch mit lateinischen Zeichen angeschrieben sind, hilft es bei sehr bei der Orientierung, wenn du dir die Buchstaben einprägst. Ukrainisch hat viele Fremdwörter aus den Englischen und Deutschen, die du auf Anhieb verstehst, wenn du sie lesen kannst.
Dann kommen wir noch auf das Geld zu sprechen: Nehmt genügend Bargeldreserven mit, bevor ihr euren Backpacking Trip in der Ukraine antretet, um allenfalls während der ganzen Reise über die Runden zu kommen. Wieso? Bankomaten findet ihr zwar an jeder zweiten Straßenecke. Allerdings funktionieren die wenigsten. Selbst die am internationalen Flughafen in Kiew funktionieren manchmal nicht. Außerdem sind Bezugslimits teilweise extrem tief angesetzt. Bei manchen Banken kannst man gerade den Gegenwert von rund 50 Euro abheben.
Ebenso ist beim Fotografieren Vorsicht geboten. Ihr solltet keine militärischen Objekte, Seehäfen, Industriezonen, Industriezonen oder Verkehrsanlagen fotografieren. Und zu eurer eigenen Sicherheit, achtet darauf, dass ihr nicht jeder*jedem eine teure Kamera präsentiert.
Backpacker Highlights in der Ukraine
Die Hauptstadt der Ukraine, Kiew, ist das kulturelle Zentrum der Ukraine. Eine Vielzahl an Museen, Kirchen, Synagogen, Prachtstraßen und Denkmälern zeugen von der großen Historie dieser Stadt. Ein besonderer Blickfang ist die 62 Meter hohe Mutter-Heimat-Statue, die die Skyline von Kiew zu dominieren scheint. Bunte Häuser und prachtvolle Bauten erwarten euch hier ebenso wie große Plätze und großzügige Parks. Ganz besonders sehenswert sind die St. Andreas Kirche, die sich auf der ältesten Straße der Stadt, dem Andreassteig, befindet, sowie das Kiewer Höhlenkloster, ein Klosterkomplex im südlichen Kiew.
Ein weiteres Highlight ist die Hafenstadt Odessa. Sie liegt im Süden der Ukraine und kann, ähnlich wie Kiew, mit vielen historischen Gebäuden, wie ihrem Wahrzeichen, dem Opernhaus von Odessa, aufwarten. Spätestens nach einem Spaziergang über den beleuchteten Primorskij-Boulevard spürt ihr dann die Magie dieser historischen Stadt. Prunkvoll, bunt und ein bisschen protzig, das ist Odessa.
Etwas schauriger wird es jedoch in Odessas Untergrund. Ähnlich wie in Paris erstreckt sich auch in Odessa ein mehrere tausend Kilometer langes, undurchsichtiges System von Tunneln unter der Stadt. Wer Lust auf einen ungefährlicheren Nervenkitzel hat, kann an einer geführten und ungefährlichen Tour durch die Katakomben von Odessa teilnehmen. In so großen Ländern wie der Ukraine macht es Sinn über Nacht zu reisen, um Zeit zu sparen. In Odessa nimmst du daher den Nachtbus, um an das nächste Ziel zu gelangen.
Sehr bunt geht es in der Stadt Lemberg oder auch Lwiw im Westen der Ukraine zu. Das historische Zentrum ist klein und lässt sich problemlos in einem halben Tag zu Fuß erkunden. Beginnt am besten beim Rathaus mit dem typischen Turm, dessen zugängliche Aussichtsplattform einen tollen Rundumblick auf die umliegenden Häuser bietet. Von hier aus könnt ihr in alle Richtungen spazieren und die spannende architektonische Mischung genießen. Auffällig sind die zahlreichen Kirchen. Fast hundert Stück sollen es sein.
Wenn ihr nur Lwiw besucht und trotzdem eine Ahnung davon bekommen wollt, wie es in den anderen Teilen des Landes ausschaut (oder einmal ausgeschaut hat), dann solltet ihr das Museum für Volksarchitektur und ländliches Leben besuchen, das auf einem bewaldeten Hügel hoch über der Stadt liegt. Das weitläufige Freilichtmuseum beherbergt etwa 120 traditionelle Gebäude, die aus der ganzen Ukraine zusammengetragen wurden und einen guten Überblick darüber geben, wie in den vergangenen Jahrhunderten das ländliche Leben in den unterschiedlichen Landesteilen ausgesehen hat.
Wenn ihr gerne wandert, solltet ihr die Karpaten besuchen. Jaremtsche bietet sich als Basis für Ausflüge in die nahen Berge an. In den osteuropäischen Bergen gibt es noch viele Wanderwege, die dem Massentourismus noch unbekannt sind und von ihm verschont geblieben sind. Dort findet ihr wunderschöne Landschaften und gut ausgebaute und gesicherte Wanderwege, aber auch menschleere Täler und natürliche Verwilderung. Ein unentdecktes Wanderjuwel, so gesehen. Viele Infos zu den Karpaten und Wandervorschläge gibt es hier.
Tipp: Kolomyja liegt mitten in der Karpatenregion und im Nationalpark Huzulenland. Hier läuft alles noch sehr traditionell und langsam ab. Der Unterschied zwischen dem Leben in der Stadt und dem Leben auf dem Land wird dir hier sehr deutlich bewusst.
Backpacker Geheimtipps in der Ukraine
Nachdem bekannte Städte wie Kiew und Odessa natürlich nicht auf eurer Ukraine-Route fehlen dürfen, hier noch ein Geheimtipp: Besucht die vergleichsweise unbekannte Stadt Czernowitz mit ihrer außergewöhnlichen Universität, die unlängst von der UNESCO als Kulturerbe anerkannt worden ist.
Doch auch die Umgebung um Lwiw ist atemberaubend, besonders empfehlenswert ist ein Besuch des sogenannten Goldenen Hufeisens. Gemeint ist damit eine Tour durch die drei Schlösser Olesko, Pidhirzi, Solotschiw. Auch wenn die drei Herrschaftshäuser nicht gerade ein Geheimtipp sind, fühlt man sich bei einem Besuch wie ein kleiner Entdecker. Dazu trägt wohl auch bei, dass die ehemaligen Prachtbauten leider teilweise in einem sehr schlechten Zustand sind – was jedoch auch ihren Charme ausmacht.
Kamjanez-Podilskyj liegt in der Region Podolien, die vor allem für ihre historischen Bauten und die Festungsanlage bekannt ist. Die Stadt wurde das erste Mal im 12. Jahrhundert schriftlich erwähnt und zählt somit zu den ältesten Städten des Landes. Durch ihre strategisch günstige Lage am Fluss Smotrytsch wurde die Festung in 360 Meter Höhe zu einem der wichtigsten Drehpunkte für den Handel und das Militär in dieser Region. Nehmt euch auf jeden Fall genug Zeit, um die Festung zu besichtigen. Dabei empfiehlt es sich früh morgens los zu gehen, um vor den vielen Tagestouristen da zu sein.
Ob man Tschernobyl besuchen soll und wie man sich zu Katastrophentourismus positionieren will, das muss jede*r für sich selbst entscheiden. Tatsache ist, dass mehrere Reisebüros geführte Touren in die Sperrzone anbieten und dass diese nach heutigem Kenntnisstand bei korrektem Verhalten ohne gesundheitliche Risiken besucht werden kann. Wer es wagt, kann sogar Reaktor 4 besichtigen, das Epizentrum der Katastrophe.
Essen & Trinken in der Ukraine
Die ukrainische Küche ist sehr vielfältig und reich an Einflüssen der unterschiedlichsten europäischen Küchen, wie z.B. der russischen, deutschen, türkischen, polnischen und ungarischen Küche. Eine Besonderheit der ukrainischen Küche ist die große Vielfalt der verwendeten, überwiegend einheimischen Lebensmittel, wie Kartoffeln, Früchte, Pilze, Beeren und Kräuter. Eine wichtige Rolle spielt auch Fleisch. Es wird vor allem Schweinefleisch gegessen, aber auch Rinder- und Hammelfleisch. Hühner-, Gans- und Entenfleisch sind ebenfalls beliebt. Kaninchen werden eher auf dem Lande verzehrt.
Essen in der Ukraine
Sehr beliebt ist bei dem Ukrainer*innen der Schweinespeck oder Salo. Er wird in der ukrainischen Küche traditionell sehr häufig in verschiedenen Varianten eingesetzt: roh, gesalzen, gekocht, geräuchert oder gebraten. Er wird auch in verschiedenen Variationen als Vorspeise mit Knoblauch, Zwiebeln sowie Gurken gegessen und kommt oft mit ins Essen. Traditionelle Gewürze sind Senf und Meerrettich.
Ein typisches Landesgericht ist Borschtsch. Dieses Gericht kann auf vielfältige Art und Weise und mit den unterschiedlichsten Zutaten zubereitet werden. Eine Zutat darf aber niemals in dieser sehr schmackhaften Suppe fehlen – die Rote Rübe oder auch Rote Bete genannt. Weiterhin gehört an das beliebte Nationalgericht der Ukrainer*innen der Weißkohl. Kohl wird in diesem Land eigentlich immer gegessen und gehört einfach genauso in das Nationalgericht. Im Großen und Ganzen handelt es sich hier um eine kräftige Gemüsesuppe, die in 30 verschiedenen schmackhaften Variationen zubereitet werden kann. Sie hat einen ganz eigentümlichen Geschmack „der grüne Borschtsch“ genannt wird. Ihre Besonderheit liegt in ihrer einmaligen Kombination aus gekochten Eiern und Sauerampfer.
Nicht weniger bekannt und beliebt ist eine Suppe namens Soljanka, die nicht direkt aus der ukrainischen Küche stammt, aber überall im Land gerne gegessen wird. Sie besteht aus unterschiedlichen Fleisch- und Gemüsesorten, vor allem marinierten Gurken und wird mit einer Zitronenscheibe und einer Olive serviert. Auch gerne auf den Tisch kommt eine Fischsuppe namens Ucha. Sie wird überwiegend im Freien beim Grillen zusammen mit Schaschlik gekocht. Man verwendet dazu frischen Flussfisch und viele verschiedene Gewürze.
Und natürlich dürfen die Warenyky (oder Piroggen) bei eurem Backpacking in der Ukraine nicht fehlen. Sie sind ähnlich wie Maultaschen. Es sind gekochte Teigtaschen mit verschiedenen Füllungen wie z. B. Kartoffeln, Sauerkraut, Quark, Fleisch, Pilzen, Mohn, Obst und Früchten. Warenyky sind ein altes slawisches Gericht im Gegensatz zu den von türkischen Nomaden aus Nordchina mitgebrachten Pelmeni. Durch die Erzählung von Nikolaj Gogol «Die Nacht vor Weihnachten» sind Warenyky zum Symbol der Völlerei und Faulheit geworden. Dort waren die Warenyky durch Zauberei von ganz allein aus der Schüssel gesprungen, in den Schmand eingetaucht und in den Mund geflogen.
Trinken in der Ukraine
Was Getränke betrifft, so bevorzugt man in der Ukraine am liebsten Tee, Kaffee und Mineralwasser. Aber auch die verschiedenen Varianten des Kefirs sind zu finden; ganz sicher darf das Kompottgetränk niemals auf der Tafel fehlen. Alkoholische Getränke werden zu den Speisen sehr gerne gereicht und hier spielt der Horilka (Wodka) eine große Rolle.
Samogon ist ebenfalls ein sehr zu empfehlendes Getränk, welches aber immer seltener gereicht wird. In den letzten Jahren ist ein erhöhter Konsum an Weinen und auch an Bier festzustellen. Sehr traditionell für die Ukraine sind auch die selbstgepressten Säfte (wie Birkensaft), die aus der eigenen Obsternte gewonnen werden. Der traditionelle Kwas, ein Getränk aus Brotmalz, wird ähnlich wie Bier hergestellt, ist jedoch alkoholfrei. Durch seinen etwas herben und süßlichen Geschmack ist er der ideale Durstlöscher in der Sommerhitze.
Backpacker Visa und Impfungen in der Ukraine
In der Ukraine herrscht seit 2004 für Bürger der EU keine Visumspflicht mehr. Ihr könnt euch seit 2007 je zweimal pro Jahr bis zu 90 Tage im Land aufhalten, bei kürzeren Aufenthalten natürlich auch öfter, allerdings nicht mehr als 180 Tage in der Summe. Für darüber hinaus gehende Aufenthalte benötigt ihr ein Visum, das ihr in der ukrainischen Botschaft oder im ukrainischen Konsulat erhalten könnt.
Die Einreise ist für deutsche Staatsangehörige mit folgenden Dokumenten möglich:
- Reisepass: Ja
- Vorläufiger Reisepass: Ja
- Personalausweis: Nein
- Vorläufiger Personalausweis: Nein
- Kinderreisepass: Ja
Anmerkungen
Vor Reisen in die nicht von der ukrainischen Regierung kontrollierten Gebiete der Verwaltungsbezirke Donezk und Luhansk sowie in folgende regierungskontrollierte Gebiete entlang der sogenannten „Kontaktlinie“ wird gewarnt: Donezker Gebiet: Landkreise (Rayon) Wolnowacha, Wolodarsk, Wuhlehirsk, Marjinka, Stadt Awdijiwka, Stadt Torezk, die südlichen Teile der Landkreise Kostjantyniwka (nicht: Stadt Kostjantyniwka) und Bachmut (nicht: Stadt Bachmut). Von Reisen auf die Halbinsel Krim wird dringend abgeraten.
Grundsätzlich ist die Kriminalität in der Ukraine nicht unbedingt höher als anderswo in Europa, jedoch solltet ihr euch ein paar Tipps zu Herzen nehmen:
- Tragt Wertgegenstände nicht zu offensichtlich mit euch herum und passt auf sie auf.
- Habt nicht zu viel Geld bei euch.
- Besondere Vorsicht solltet ihr in öffentlichen Verkehrsmitteln oder Bahnhöfen an den Tag legen.
- Seid in Bars stets auf der Hut vor KO-Tropfen und behaltet euer Getränk im Blick.
- Meidet die ärmeren Gegenden und seid besonders nachts nicht an abgelegenen Orten oder alleine unterwegs.
Medizinische Hinweise & Impfungen
Jede*r Reisende sollte beim Backpacking in der Ukraine, über die für Deutschland allgemein empfohlenen Standardimpfungen des Robert-Koch-Institutes verfügen und auf dem neusten Stand haben. Dies gilt insbesondere für eine aktuelle Impfung gegen Tetanus, Diphtherie, Pertussis, Masern und eine Grundimmunisierung gegen Polio. Darüber hinaus ist eine Hepatitis A und Hepatitis B Impfung empfehlenswert.
Infolge des Reaktorunglücks von Tschernobyl wurden weite Gebiete stark radioaktiv belastet. Ein Aufenthalt in den meisten Landesteilen ist nach Auskunft des Bundesamts für Strahlenschutz inzwischen unbedenklich. Aus Vorsorgegründen sollte jedoch der Genuss von Pilzen, Beeren, Süßwasserfischen und Wild sowie einheimischen Milchprodukten aus den belasteten Regionen vermieden werden. Auch Leitungswasser sollte nicht getrunken werden.