Menschensafari und Slumtourismus – nicht mehr als Travel Rassismus
Wir widmen uns heute mal aus Anlass eines besonderen Tages dem Thema Armutstourismus, Slumtourismus und Menschensafari. Anlass ist, dass die renommierte Menschenrechtsgesellschaft Survival International den “Rassisten des Jahres” gekürt hat. Den dubiosen Titel erhielt der stellvertretenden Landesvorsitzende des brasilianischen Bundesstaates Maranhão, Fernando Furtado, für seine aussagekräftige Rede im vergangenen Juli diesen Jahres. Darin brachte er zum Ausdruck, dass die Indigenen, und damit meinte er sicherlich nicht nur die brasilianischen, für Ihn ein „Haufen kleiner Schwuler“ seien.
Der Mann ist Erz-Kommunist und ein “gewandter” Redner, der mit Sprüchen wie: „Sie wissen nicht, wie man Reis anbaut. Also lasst sie in Armut und an Hunger sterben; das ist das Beste, denn sie wissen nicht, wie man arbeitet.“, die Massen begeistert. Mit Massen sind die Großgrundbesitzer, Sojabarone und Holzfällertrupps plus die Bankiers und windigen Geschäftsleute in den Großstädten gemeint. Er bezieht sich auf die Masse Geld und Macht aber nicht auf die Masse Mensch, die angeblich hinter seinen Aussagen steht.
So weit, so gut. Sicherlich lesen die meisten Leser die Aussagen Fernando Furtados mit großer Empörung. Denn dahinter steckt nicht mehr als ein billiger Rassismus in Kombination mit windigen Geschäftemachereien. Betrachten wir den Fall von der anderen Seite.
Menschensafari – und Armutstourismus: Der Traveller sucht das Extreme
Schon seit geraumer Zeit stehen Menschensafaris und Slum- oder Armutstourismus weit oben auf der Skala der beliebtesten Abenteuerreisen. Wer nicht die Anden- oder Himalaya-Gipfel erklimmen kann oder sich im allein durch den Busch zu schlagen traut, der sucht nach anderen Reiseextremen. Und genau diese bieten Menschensafaris. Bis vor knapp 100 musste man dazu noch nicht einmal eine lange Reise antreten.
Denn eingefangene Indigene aus Südamerika und anderen exotischen Regionen wurden bei Zirkusveranstaltungen oder sogar im Zoo wie Affen ausgestellt. Beispiele sind dafür ein Pygmäenmann mit Namen Ota Benga, der im Zoo in der Bronx gehalten wurde oder Indigene des Stammes Charrua aus Uruguay, die nach Paris in den Zirkus verfrachtet wurden. Die waren bei Weitem keine Einzelfälle.
Heute jedoch will der “Abenteurer” die menschlichen Affen vor Ort in ihrem natürlichen Ambiente sehen. Das bedeutet, er heuert bei Menschensafari Touren an, die ihn sogar in Sperrgebiete bringen. Selbst das Risiko einer Verhaftung durch die Polizei oder des eigenen Todes zum Beispiel in den Slums von Rio de Janeiro bei Bandenkriegen wird bewusst in Kauf genommen, um das Prickeln zu erleben, einen Exoten in seinem Ambiente vor die Kamera bekommen zu haben.
Es wird mit der Kamera drauf gehalten ohne zu fragen, es werden dabei Persönlichkeitsrechte verletzt und nicht zuletzt gleichzeitig die betreffenden Personen in eine untere Schublade abgelegt. Denn würde es sich um eine angesehene Person oder eine Respektsperson aus dem Bekanntenkreis etc. handeln, würde sich jeder zweimal fragen, ob solch ein Verhalten standesgemäß sei. Doch was ist schon so eine arme S…… im Busch Wert? Ein solches Betragen kann nur als rassistisches Verhalten ausgelegt werden, das sich im Grunde nicht groß von dem des redegewandten brasilianischen Herren unterscheidet.
Slumtourismus und Armutstourismus – man darf sich schämen
Schuld ist aber nicht nur die eigene beschämende Einstellung gegenüber den Einheimischen, Schuld sind überdies die Reiseveranstalter und oft selbst die Regierungsbehörden, die solchen Machenschaften nicht nur nicht Einhalt gebieten, sondern diese auch zum Wohl der Einkünfte aus dem Tourismusgeschäft fördern.
Niemand soll jetzt auf die Idee kommen und argumentieren, dass diese Indigenen ja auch Vorteile aus den Menschensafaris ziehen. Bevor auf diese Weise argumentiert wird, sollte sich jeder selbst fragen, ob diese Menschen in den Zielregionen überhaupt jemals einen Kontakt mit der sogenannten “Zivilisation” wollten? In den Andamanen gibt es einen Stamm, der sich vehement mit Pfeil und Bogen gegen jeglichen ungebetenen Besuch wehrt. Zahllose Völker wurden durch den Kontakt mit den weißen Eroberern dezimiert und eliminiert. Waren es nicht Krankheiten, die die Weißen mitbrachten, so waren es Drogen, Alkohol und nicht zuletzt das menschenunwürdige rassistische Verhalten gegenüber den Indigenen, an denen sie erbärmlich zu Grunde gingen.
Jeder sollte sich gut überlegen, bevor er einen Slum besucht, eine Menschensafari zu Stämmen in den Bergen Thailands, im brasilianischen Urwald, auf die Andamanen oder wohin auch immer plant, ob er damit nicht nur seine Sensationsgier und primitiven rassistischen Triebe zufriedenstellt.
Ein spannendes Experiment, das in den USA durchgeführt wurde und dass das alltägliche rassistische Verhalten eines jeden von uns an den Tag legt, wird in dem Artikel in der Süddeutschen Zeitung offengelegt.
Auszug: Offenbar reagieren viele Menschen, die überzeugt sind, dass sie keinen Rassismus dulden, anders, wenn sie tatsächlich in eine Situation kommen, in der ein Mensch anderer Hautfarbe diskriminiert wird. Nach Ansicht der Psychologen könnte dies einer der Gründe dafür sein, dass sich Rassismus in vielen Gesellschaften so hartnäckig hält.
ich find den Artikel gut,,, gibt aber dennoch auch guten Slumtourismus,,, wenn auch in einem anderen Rahmen,, in Südafrika, in den Townships läuft so ein Projekt https://www.studiosus.com/Presse/Pressemitteilungen/Nachhaltiger-Slumtourismus-Studiosus-foerdert-auch-2015-das-Kliptown-Youth-Program-in-Suedafrika
Wichtiges Thema. Inzwischen gilt es ja als besonders authentisch, wenn man losfährt, um Leute anzugaffen. Man trifft sie nicht und erfährt von ihnen, sondern man fährt hin und schaut sie sich, fühlt ein wohliges Schauern und geht wieder und ist froh, nicht unter diesen Bedingungen zu leben.
Man muss die Balance finden, zwischen der völligen Abgrenzung der Touristen zum „echte Leben“ und dem Sich-Aufdrängen, weil man glaubt, besonders „authentisch“ sein zu müssen.