4 Tage Campen, Wandern und Natur pur in Nordwales

Llyn Padarn

Berge, Strand und Meer, Wasserfälle, Seen und Burgen: Nordwales ist ein Stückchen Paradies für Abenteurer:innen und alle, die gerne in der Natur  unterwegs sind. Ich war Mitte Oktober für 4 Tage in Nordwales zusammen mit Robert, meinem Partner. Er hat vorher für eine Weile dort gelebt und mir einige seine Lieblingsorte und Wanderungen gezeigt. Manche davon waren so traumhaft schön, dass ich sie mit dir teilen möchte. Natürlich haben wir auch Snowdon mit seinen knapp über 1.000 Metern erklommen, den höchsten Berg in Wales und England.

Es ist die erste Oktoberwoche. In den Tälern Nordwales sind es 10 bis 15 Grad Celsius, auf den Bergen frostige -5 bis 0 Grad Celsius. Die eigentliche Kletter- und Wandersaison ist so gut wie vorbei. Das ist gut, denn in den britischen Schulferien zwischen Juli und August kann es hier verdammt voll werden. Nun nehmen die Regentage wieder zu und es wird stets kälter. Ein paar schöne Tage gibt es aber noch und diese nutzen wir aus, um Nordwales für 4 Tage abseits der Touristenmassen zu erkunden. Es ist pandemiebedingt mein erster Urlaub seit 1,5 Jahren. Wie ich mich freue!

Angereist sind wir mit einem Mietwagen aus London, da wir vorher noch Freund:innen und Familie besucht haben. Robert kommt aus England, hat in Wales seine Bergführerausbildung gemacht und ich habe in Lincoln studiert. Dementsprechend viele Menschen gab es zu besuchen. Normalerweise reise ich am liebsten mit den öffentlichen Verkehrsmitteln, doch um Wales zu erkunden – vor allem in der Nebensaison von September bis März – würde ich zu einem eigenen fahrbaren Untersatz raten. Damit du auch überall hinkommst, wo du hinwillst.

Warum wir einen Mietwagen haben und Camping in Llanberis

Campingplatz Llanberis

Campingplatz Llanberis

Es gibt Zugverbindungen zu den größten Tälern und der walisischen Hauptstadt Bangor, sowie im Sommer zu den beliebtesten Tourismus- und Wanderspots. (Du kannst auch mit dem Zug oder einem Fernbus von England (London) nach Wales fahren.) Im Winter dünnen die Verbindungen jedoch aus und einige werden eingestellt, Wales verfällt fast in eine Art Winterschlaf. Genauso sieht es mit Cafés, Restaurants und Geschäften aus. Manche schließen über den Winter, alle fahren ihr Personal herunter.  Das ist nicht schlimm, nur gut zu wissen.

Wir übernachten mit Zelt, Schlafsäcken und Campingkocher ausgestattet auf einem Campingplatz in Llanberis in der Nähe von Snowdon. Ernährt tun wir uns größtenteils von Haferflocken, Wraps, Reis, Brot, Nudeln, Paprika, Äpfeln, Bananen und einer Unmenge an Dosenbohnen, die wir vorher eingekauft und im Kofferraum des Mietautos verstaut haben. Die Übernachtung kostet 20 britische Pfund (24 Euro) pro Nacht. Nicht günstig, aber okay. Trinkwasser gibt es kostenlos, die Warmwasserduschen kosten zusätzlich.

Llanberis

Llanberis

Was wir unternommen haben und ich dir weiterempfehlen möchte:

  • 1 Tag, Halbtagswanderung: Snowdown Auf- und Abstieg von Llanberis aus
  • 2 Tag, Llanberis erkunden: Spaziergang um Llyn Padarn (See), Burg Dolbadarn und Dinorwig Schiefersteinbruch
  • 3 Tag, Tagesausflug nach Anglesey: Wandern, Strand, Leuchtturm und Robben beobachten in Traeth Llanddwyn und Besuch der Burg Beaumaris
  • 4 Tag, Ganztagswanderung: Tryfan, Glyder Fach, Glydr Fawr (with Llyn Ogwen)

Highlights und Geheimtipps für Nordwales im Detail

Nordwales hat für alle etwas zu bieten: intensive, aber auch leichte Bergwanderungen mit spektakulären Aussichten bis hin zu richtigen Kletter- und Boulderspots, Burgen und Ruinen voller Mythen und Märchen und alles mögliche an Wassersport (Stand-up-Paddling, Schwimmen, Tauchen).

Snowdown: Auf- und Abstieg von Llanberis aus

Es führen viele Wege auf die Spitze von Snowdon, Wales höchstem Berg mit 1.085 Metern im Snowdonia-Nationalpark. Einer davon, der bekannteste, breiteste und am besten begehbare namens Llanberis-Pass geht so gut wie an unserem Campingplatz vorbei. Es ist kein mühsamer Aufstieg, manchmal etwas steiler, aber im Ganzen kommen wir bei einem gemütlichen Tempo erst auf dem letzten Viertel ins Schwitzen. Der Weg folgt stets den Gleisen einer alten Bergwerksstrecke. Auf ihr fährt in der Hauptsaison eine Zahnradbahn, die letzte in ganz Großbritannien. Sie läuft während unseres Aufstieges auf einer ihrer letzten Fahrten der Saison einmal an uns vorbei. Laut und ratternd, doch wirklich beeindruckend. Hältst du dich also an die Bahngleise, kannst du dich gar nicht verlaufen.

Spitze Snowdon

Spitze Snowdon

Oben angekommen ist es sehr nebelig, leider haben wir keine klare Sicht. Es sind nur wenige Tourist:innen unterwegs. Wir grüßen und sprechen mit ein paar Einheimischen, die den Müll oben auf dem Berg einsammeln, den die Touris dagelassen haben. Ihr walisischer Akzent klingt schroff und doch irgendwie putzig. Und einige Ultramarathoner:innen ziehen an uns vorbei. Ansonsten ist es ruhig. Ich schaue auf meine Uhr: Wir haben 2 Stunden in einem gemütlichen Tempo für die 1.085 Meter gebraucht. Da wir noch Zeit haben, gehen wir in einem etwas größeren Schleife durch den Bergkessel zurück ins Tal.

Tipp: Wer es noch schöner haben möchte und im Sommer den Menschenmassen auf dem Hauptpfad ausweichen möchte, kann auch einen der 2 etwas längeren Aufstiege von der anderen Seite des Berges nutzen. Der Pig Track und der Miners Track starten beide am Parkplatz bei Pen-y-Pass. Der Llanberis-Pass ist für Anfänger:innen geeignet.

Dolbadarn Burg

Dolbadarn Burg

Llanberis, Llyn Padarn und Burg Dolbadarn

Llanberis ist das Tor zum Snowdonia-Nationalpark. Der Ort hat etwas über 2.000 Einwohner:innen, auch wenn sich das im Sommer leicht verdoppelt und verdreifacht. In der Hochsaison kommen viele Saisonarbeiter:innen, Tourist:innen und Kletterfans in die Gegend. Am Fuße des Dorfes liegt Llyn Padarn. „Llyn“ ist walisisch und bedeutet See. Das Wasser stammt von ehemaligen Gletschern, die geschmolzen sind. Er ist etwa 3 Kilometer lang und kann einmal komplett zu Fuß umrundet werden – ein schöner Spaziergang mit Blick auf die Schiefermienen. Im Sommer kannst du hier auch Tauchen, Schwimmen und Stand-Up-Paddelboarden.

An einem Ende des Sees steht eine frei zugängliche Burgruine, die Burg Dolbadarn. Sie soll im 13 Jahrhundert von einem walisischen Fürsten erbaut worden sein und ist noch relativ gut erhalten. Natürlich ist die Burg, welche eine Zeit lang auch als Gefängnis gedient hat, aus Schiefer. Geheimtipp auf eigene Gefahr: Durch ein kleines Fenster am Erdboden kannst du auch ins Innere der runden Ruine klettern. Es lohnt sich.

Schieferbruch Llanberis

Schieferbruch Llanberis

 

Dinorwic Schiefersteinbruch

Wasserfall im Schieferbruch

Wasserfall im Schieferbruch

Der Wasserstrom stürzt sich tollkühn in die Tiefen der Schiefermiene. Er ist nicht allzu groß, besteht aus dem Regenwasser der letzten Tage, doch er hat Wucht. Die Farben des Schiefers variieren von grau bis schwarz, dunkelblau bis violett. Auf den Steinen wächst saftig grünes Moos, an den Vorsprüngen wippen Farne im Wind des Vorbeirauschenden Wassers. Die idyllische Kulisse erinnert mich ein wenig an Jurassic World. Der Ort liegt versteckt im Dinorwic Steinbruch und zugegeben, wir dürften hier gar nicht sein.

Wir sind nämlich über das Geländer der Absperrung gestiegen, um im stillgelegten Schieferbruch spazieren zu gehen. Achtung: Bitte nicht nachmachen, auf eigene Gefahr! Es gibt auch einen schönen, befestigten Weg um den Steinbruch herum. Aber weißt du was? Der unerlaubte Abstecher in den zweitgrößten Schiefersteinbruch der Welt ist mein absolutes Highlight. Die alten Geräte, die sich in den baufälligen Arbeiterhäusern befinden, der blaue See, der sich im Krater des Bruchs mit Regenwasser füllt und die Wasserfälle, die sich geformt haben, ziehen mich in ihren Bann. Außerdem ist da noch dieses Wandgemälde:

Gemälde im Stollen

Gemälde im Stollen

Es ist in dem Stollen, der auch zu dem Wasserfall führt. Ich weiß nicht, wer die Menschen sind, aber es ist hübsch. Im Dinorwic Schiefersteinbruch gibt es einiges zu entdecken, inklusive vieler waghalsiger Kletterrouten und Parcours. Er kann also nicht immer gesperrt sein oder muss regelmäßig unerlaubt und auf eigene Gefahr betrete werden. Tipp: Das lokale Schiefermuseum am Fuß des Dinorwic Tagebaus soll sehr gut sein.

Strand in Angelesey

Strand in Angelesey

Angelsey: Robben beobachten in Traeth Llanddwyn und Burg Beaumaris

Am 3. Tag machen wir einen Ausflug auf die walisische Insel Angelsey. Das Meer, das sie vom Festland trennt, ist nicht größer als ein breiter Fluss. Unser erstes Ziel: Traeth Llandwyn, ein großer Sandstrand am südlichsten Punkt von Anglesey.

Wir sind dem Wetter geflohen. In Llanberis regnet es und hier scheint die Sonne. Vom Strand aus können wir die Regenwolke über Snowdonia sehen. Gute Entscheidung!

Traeth Llanddwyn

Traeth Llanddwyn

Über den Strand erreichen wir einen Leuchtturm. Zum Glück ist Ebbe und wir können die kleine Insel Llanddwyn Island erkunden. Das Meer ist rau, aufgemischt durch den Wind. Doch was sehe ich da. Eine Boje, die immer wieder an der gleichen Stelle aus dem Wasser kommt und verschwindet? Nein, es ist eine Robbe – und da sind noch mehr. Damit hätten weder Robert noch ich gerechnet. Entzückt über unsere Entdeckung, laufen wir noch eine 10 Kilometerschleife durch den angrenzenden Nadelwald. Der Strand und Wald sind Teil des Newborough Warren National Nature Reserve. Hier gibt es hohe Sanddünen (perfekt zum Runterrennen oder -kullern) und Wanderwege zwischen 3 und 15 Kilometern Länge. Die Nadelbäume sind eine willkommene Abwechslung zu den eher kargen Berggewächsen im Snowdonia-Nationalpark.

Burg Beaumaris

Burg Beaumaris

Gegen Nachmittag geht es auf zu unserem 2. Ziel: Beaumaris Castle, die „wohl schönste Burg, die niemals fertiggestellt wurde“. Damit wirbt das heutige Stadtmarketing. Die Ruine im gleichnamigen Ort ist sehr gut erhalten. Wahrscheinlich wurde sie niemals attackiert, da sie nie fertiggestellt worden ist. Sie war einfach zu teuer. Die Burg stammt aus dem 13. Jahrhundert und ist eine der aufwändigsten Zwingeranlagen ihrer Zeit.

Ich habe schon viele Burgruinen gesehen und die in Beaumeris ist nicht die Schönste, aber eine der Imposantesten. Toiletten, Speicher, Deckenböden, Kamine, Schiffsanleger, Falltür, Verteidigungsposten – du siehst, wo alles gewesen ist oder hätte sein sollen. So lässt sich sehr leicht vorstellen, wie das Leben in und rund um die Burg ausgesehen haben muss.

Aussicht Tryfan

Aussicht Tryfan

3-Gipfelwanderung: Tryfan, Glyder Fach und Glydr Fawr

Nun kommen wir zum letzten und für mich schönsten Erlebnis des Urlaubs in Nordwales: eine Tageswanderung über 3 Berggipfel von Tryfan, Glyder Fach und Glydr Fawr.

Wir rollen morgens gegen 10 Uhr mit dem Auto auf die Parkbucht unterhalb des 917-Meter-hohen Berg Tryfan ein. Wasserdicht verpackt, da es regnet, beginnen wir unseren Aufstieg an der Nordrücken des Berges. Der Weg hat es in sich. Er ist steil von Beginn an bis zum Gipfel. Das Schöne (neben der Aussicht) ist jedoch: Du kannst dir den Weg selbst aussuchen. Es führen unzählige Wege von der Nordseite den Berg hoch. Manche erfordern mehr Klettern und Körpereinsatz als andere, es ist allerdings nichts für Bergneulinge. Denn du musst den Berg kennen und deine Fähigkeiten im steinigen Terrain richtig einschätzen können.

Spitze Tryfan

Spitze Tryfan

Nach einer einstündigen Klettereinlage erreichen wir den Gipfel. Oben begrüßen uns Adam und Eva. So nennt sich ein aufrechtstehendes Steinpaar. Die beiden Monolithen sind circa 2 Meter hoch und 1,2 Meter voneinander entfernt. Mutige Menschen klettern an ihnen hoch und springen von einem Monolith auf den anderen – ich gehöre nicht dazu. Einer Legende nach sollen diejenigen, die den Spalt zwischen den beiden Felsen überwinden, die „Freiheit von Tryfan“ erhalten. Dafür fällt man jedoch auch sehr tief, wenn man es nicht schafft.

Weiter geht es. Es klettern wieder ein ganzes Stückchen runter und hoch auf den nächsten Berg, Glyder Fach. Auch hier hast du eine Handvoll Aufstiegsmöglichkeiten. Wir entscheiden uns für die direkteste, doch für mich anstrengendste: geradewegs ein Geröllfeld hoch. In den nächsten 45 Minuten fluche ich viel und pausiere alle 5 Schritte für einen laaangen Atemzug. Oben angekommen verändert sich schlagartig die Landschaft. Der Stein wird schwärzer und bedrohlich nackt. So stelle ich es mir auf dem Mond vor. Echt gruselig bei Nebel.

Für den 3. Gipfel, Glyder Fawr, bleiben wir auf einer angenehmen Höhe und laufen den Bergkamm entlang. Fels soweit das Auge reicht. Doch immer wieder begegnen uns coole Steinformationen, die zum Klettern einladen. Ich liebe es. Der Abstieg von Glyder Fawr ist sehr steil und führt durch Geröll. Hier sind Wanderstöcke vom Vorteil. Das nächste Mal nehme ich meine auch mit. Ungefähr 3,5 Stunden sind vergangen, seitdem wir losgelaufen sind. Der Abstieg wird noch einmal 2,5 Stunden in Anspruch nehmen. Er führt durch die „Küche des Teufels“, einem atemberaubend schönen Felsgebilde.

Twll Du, wie es auf Walisisch heißt, ist ein dunkler, schwarzer Riss im Felsen Clogwyn y Geifr (Klippe der Ziege), der Y Garn und Glyder Fawr spaltet. Er ist als Teufelsküche bekannt, weil oft eine Dampfwolke aus dem Riss aufsteigt, die an einen Schornstein erinnert. Wenn also Dampf aus dem Schornstein aufsteigt, hat der Teufel gekocht. Lustige Geschichte.

Devils Kitchen

Devils Kitchen

Wer genau hinschaut, kann an den Felsen der Teufelsküche feine Wellenlinien erkennen, an denen sich erahnen lässt, wie Gletscher das Tal geschaffen haben. Der Fels ist ein beliebtes Fotomotiv für Fotograf:innen. Ich wundere mich, auf wie vielen Bildern ich mit drauf bin …

Im Schoß des Tals liegt der See Llyn Idwal. Auch er hat eine Geschichte: Er ist nach Prinz Idwal Foel benannt, einem Enkel von Rhodri Mawr, einem der alten Könige von Wales. Der Legende nach war Idwal schön und gelehrt, hatte aber nicht das Zeug zum Krieger und wurde weggeschickt, um bei seinem Onkel Nefydd in Sicherheit zu sein, während sein Vater im Krieg war. Nefydd war ein eifersüchtiger Mann, dessen eigener Sohn Rhun im Gegensatz zu Idwal geistlos und stumpfsinnig war. Von Bitterkeit zerrissen, ging Nefydd mit den Jungen am See spazieren, stieß Idwal hinein und lachte den jungen Mann aus, als er ertrank. Owain war am Boden zerstört und verbannte Nefydd aus seinem Land.

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