Moderne Nomaden in der Mongolei

Moderne Nomaden in der Mongolei Graffiti in Ulaanbaatar

Die Mongolei ist ein klassisches Land von Nomaden. Menschen, die mit ihren Herden mehrmals im Jahr neue Weideflächen aufsuchen um die drohende Überweidung zu umgehen. Forscher der Universität Hamburg schätzen, dass ganze 75% der Landfläche der Mongolei als Weiden genutzt werden.

Damit Nomaden ihre Umgebung schnell wechseln können benötigen sie eine wirklich mobile Unterkunft. Die mongolische Jurte eignet sich perfekt für diese nomadische Lebensweise in extremer Kälte. Auch Backpacker können in den Genuss kommen mal bei Nomaden zu Gast zu sein.

In den letzten Jahrzehnten hat sich das Leben der Nomaden stark geändert. Die analogen Nomaden der Mongolei, sind immer mehr im digitalen Zeitalter angekommen.

Nomaden in der Hauptstadt

Die meisten Mongolen leben mittlerweile in Ulaanbaatar. Die meisten Neueinwohner der Hauptstadt der Mongolei sind sesshaft geworden, haben ihre Lebensweise allerdings mitgenommen. Sie prägt das Leben in den Vierteln der Neuen – die oft auch weiterhin in mongolischen Jurten leben. An vielen Fenstern von Holzhäusern, die in den Vierteln auch sehr verbreitet sind, und sogar an Fenstern moderner Wohnblöcke siehst Du viele Milchflecken! Nomaden benutzen Milch traditionell für Segenswünsche.

In einigen Wohnungen waren früher auch typische Jurtenöfen eingebaut und Fleisch wurde im Winter offen auf dem Balkon gelagert. In den letzten Jahren hat sich die Lebensweise allerdings an das Stadtleben angepasst.

 

Moderne Nomaden auf dem Land

Viele Nomaden leben immer noch in der Mongolei auf dem Land. Sie haben sich eine eher traditionelle Lebensweise erhalten. Jedoch ist die Motorisierung und Digitalisierung nicht an ihnen vorbei gegangen. Insbesondere in den letzten 10 Jahren hat sich das Leben auf dem Land für Nomaden stark verändert.

Sprachkenntnisse und Weltsicht

Viele Nomaden kamen in den letzten 10 Jahren mit der Welt in Kontakt. Mittlerweile studieren auch viele Kinder von Nomaden in der Hauptstadt und lernen auch auf dem Land in den Schulen Fremdsprachen. Insbesondere die die Töchter der Nomaden studieren häufig in Ulaanbaatar. Die Mehrheit der Studenten sind mongolische Frauen. Der boomende Tourismus hat auch dazu beigetragen, dass immer mehr junge Nomaden Englisch verstehen können. Zwar ist die Tourismusbranche im internationalen Vergleich klein, aber direkt und indirekt hängt ein größerer Anteil an Arbeitsplätzen daran als in den meisten anderen Ländern (Tourismusbranche als Jobmotor in der Mongolei). Vor 20 Jahren war der Tourismus in der Mongolei noch sehr klein.

Moderne Nomaden: Sprachkenntnisse und Kontakt zu Touristen

 

Die zweite Neuerung ist, dass mit dem stärker werdenden Tourismus immer mehr kurzfristige Kontakte zu Touristen entstanden. Insbesondere Nomaden im Bereich des Khuvsgulsee egal ob vom Volk der Tsatan oder Mongolen haben häufig Touristen zu Besuch. Auch in der Gobi gibt es häufig Besuche von Touristen bei Nomaden. Häufig werden diese schon von den Touranbietern arrangiert und die Nomaden sind eng in die Organisation eingebunden. Selten kann es aber auch vorkommen, dass Touristen fernab dieser Hotspots selbst mit Nomaden in Kontakt kommen. Die Nomaden stehen plötzlich mit dem modernen Leben in Kontakt. Sie wundern sich, wie einige Backpacker ohne Fleisch überleben können und in den Augen der Nomaden nur von “Grass” leben. Als Backpacker werdet ihr euch wiederum über das mongolische Essen wundern. Andere Touristen reisen mit allerlei Utensilien für die Trinkwasseraufbereitung oder Tierbeobachtung umher. Als Backpacker in der Mongolei seit ihr genauso eine Attraktion, wie die Mongolei selbst.

Moderne Motorisierte Nomaden

In den letzten Jahrzehnten haben die Nomaden sich motorisiert. Pferde und Kamele spielen nach wie vor eine wichtige Rolle in ihrem Leben, allerdings werden die Jurten nun mit LKW transportiert. Für die täglichen Besorgungen und längeren Fahrten springen die Nomaden auf Motorräder häufig chinesischer Bauart.

Moderne Nomaden in der Mongolei sind einfach per Handy und langwierig per Minibus zu erreichen

Besuch von Nomaden: Mit langen Minibusfahrten müsst ihr rechnen!

Moderne Digitale Nomaden

Die Nomaden haben in den letzten 10 Jahren zudem dafür gesorgt, dass die Jurten Strom haben. Nicht zuletzt die günstigen Solarzellen haben dafür gesorgt, dass auch in den entlegensten Regionen der Mongolei etwas Elektrizität zur Verfügung steht. Dies reicht nicht zum Betreiben von Waschmaschinen oder Öfen, aber es reicht für zwei Dinge:

  1. Abends haben sie nun noch etwas künstliches Licht zu haben.
  2. Die Handys die fast alle Nomaden haben können aufgeladen werden.

Wie überall in der Mongolei, sind auch die meisten jüngeren Nomaden auf Facebook zu finden. Die Mongolei gehört zu den Ländern mit dem größten Anteil an Facebooknutzern in Asien.

Moderne Nomaden in der Mongolei findet ihr auf Facebook

Jurtencamp in der Mongolei: Tourismus ist eine große Einnahmequelle

Jurtencamp in der Mongolei: Tourismus ist eine große Einnahmequelle

Schafe, Ziegen und großer Reichtum

Nomaden haben ein eher karges Leben in den einfachen Jurten, die in der Mongolei Gers genannt werden. Ständig müssen sie das Herdfeuer am Laufen halten, damit es nicht unerträglich kalt wird. Trotzdem sind viele Nomaden nicht arm. Auch hier ist die Moderne angekommen. Die Nomaden produzieren in erster Linie nicht mehr für die eigene Subsistenz sondern für den Weltmarkt. Dies hat sich auch in der Abkehr von Rindern hin zu den Kaschmirziegen gezeigt. Kaschmir gehört zu den größten Devisenbringern der Nomaden. Gleichzeitig verwüsten die Ziegen die Landschaft. Das Ökosystem ist fragil und die Ziegen grasen erbarmungslos alles ab. Jede Ziege liefert um die 150 Gramm Kaschmirwolle im Jahr. Die Preise für das Kilogramm feinstem Kaschmir bei den Erzeugern liegen teilweise um die 100 Euro, mit 1000 Ziegen können Nomaden also teilweise 15,000 Euro verdienen. Dazu kommen dann oft noch Einkommen durch die anderen Tiere und ein Zubrot durch Touristen. Die Nettolöhne mancher Nomaden können durchaus auf einem Niveau mit dem Lohnniveau in Europa gesehen werden.

Moderne Nomaden in der Mongolei: Kapitalismus anstatt Subsistenzwirtschaft

Allerdings sind die Schwankungen extrem. In manchen Wintern verlieren einige Nomaden den Großteil ihrer Herden wenn Eisverwehungen es unmöglich machen unter dem Schnee nach Pflanzen zu graben. Die Nomaden verkaufen dann die wenigen verbleibenden Tiere und ziehen nach Ulaanbaatar um dort ihr Glück zu versuchen.

Moderne Nomaden: Motorisiert, Digital und Kapitalistisch

Die Kombination aus diesen Änderungen sind die modernen Nomaden, die ihre Jurten auf AirBnB und anderen Plattformen den Touristen anbieten. Backpacker besuchen die Nomaden im Sommer häufig. Diese holen ihre Touristen dann oft mit ihren Kleinbussen ab und organisieren alles per Smartphone. Nur manchmal wird man daran erinnert in der Mongolei zu sein – wenn das Handynetz auf dem Land mal wieder nicht funktioniert. Es gibt nun immer mehr moderne Nomaden in der Mongolei.

 

Artikel von Philipp Marxen Mongoleireise.com

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